Ernst Wunderlich Verlag, Leipzig
Am 24. April 1876 hatte Ernst Wunderlich (1845–1890) in Leipzig seine Buch- und Lehrmittelhandlung mit angeschlossenem Jugendschriftenverlag gegründet. Das auf Pädagogik und Kinderbücher ausgerichtete Unternehmen blieb fortan in Familienhand. Zunächst übernahm 1897 Sohn Hans Erdmund (1874–1936) die Geschäfte, ihm folgte 1938 sein Sohn Hans (1902–1984), also der 36-jährige Enkel des Verlagsgründers. Im Verlag erschienen neben Handbüchern für den Schulunterricht auch die Zeitschriften Deutsche Schulpraxis (bis 1923) und Die Jugendschriftwarte. Das am Roßplatz 14 befindliche Verlagsgebäude wurde beim Luftangriff auf Leipzig Anfang Dezember 1943 zerstört, sodass der Neuanfang 1946 in der Karl-Heine-Straße 31 erfolgte. Am 8. Februar 1947 erhielt der Verlag die Lizenz Nr. 154 der Sowjetischen Militärverwaltung. Verlagsleiter wurde am 28. Dezember 1948 Klaus Zenner (Jahrgang 1915). Zum Programm gehörten neben Kinder- und Jugendliteratur auch kulturgeschichtliche und populärwissenschaftliche Bücher, jedoch keine pädagogischen Werke mehr. Inhaber Hans Wunderlich ging nach der Währungsreform 1948 in die Westzonen und errichtete am 13. Juni 1949 eine Zweigniederlassung in Worms, was auch im Leipziger Handelsregister eingetragen wurde. Nachdem die Filiale in Worms am 11. Dezember 1951 unter dem Namen Ernst Wunderlich Verlagsbuchhandlung ins dortige Handelsregister aufgenommen worden war, erklärte Hans Wunderlich den neuen Verlag im Westen zur Hauptniederlassung. Daraufhin drohte die Schließung des Leipziger Verlags mit seinen zwölf Mitarbeitern, was nur dadurch abgewendet werden konnte, dass sich Hans Wunderlich mit dem Verkauf des Leipziger Unternehmensteils an den Prokuristen Klaus Zenner und den Mitarbeiter Fritz Gürchott (Jahrgang 1923) einverstanden erklärte. Sie kamen überein, dass die Leipziger Firma künftig unter dem langen Namen »Jugendbuchverlag Ernst Wunderlich, Inhaber Klaus Zenner und Fritz Gürchott« publizierte, während Hans Wunderlich den Namen »Ernst Wunderlich Verlagsbuchhandlung« in Worms weiterführte. Am 6. Juni 1955 wurde das offizielle Ausscheiden von Hans Wunderlich aus der Leipziger Firma und die vollständige Trennung von der Wormser Firma dann auch im Leipziger Handelsregister vermerkt. Um bei einem Buchaustausch zwischen beiden deutschen Staaten und auf der Frankfurter Buchmesse keine Probleme entstehen zu lassen, wurde zum 1. Juli 1957 die Leipziger Firma Prisma-Verlag Zenner und Gürchott« umgewandelt. Sie gab ihren Kinder- und Jugendbuchbereich alsbald auf und publizierte fortan noch die kulturgeschichtlichen und populärwissenschaftlichen Bücher des alten Wunderlich-Verlags.
Quelle: Pirckheimer Gesellschaft