Wilhelm Schulze-Witteborg (Märchenpost)
Die Geschichte dieser Firmengründung hat sich angeblich so abgespielt : WS begann Glanzbilder zu produzieren, weil er einen Streit zwischen seiner Ehefrau und seiner Tochter mit anhörte. Worum ging es ? Die Tochter wollte Mama’s Poesiealbum haben , um wie alle Mädchen in der Klasse es taten, Glanzbilder herauszutrennen und zu tauschen. Mama aber wollte es nicht herausgeben….. Der Vater erkannte die Marktlücke und wurde einer der erfolgreichsten Glanzbilderproduzenten der Nachkriegszeit.
Ob es sich wirklich so zugetragen hat kann ich nicht sagen aber fakt ist folgendes:
„Die Anfänge der Firma gehen auf die am 28. März 1934 gegründete Buchdruckerei Schulze-Witteborg & Steffers zurück. Ab dem 29. August 1936 ist das Gewerbe auf Wilhelm Schulze-Witteborg […] angemeldet, ruht aber in der Zeit vom 15. Mai 1939 bis zum 31. August 1945. Am 9. April 1948 wird die Firma Wilhelm Schulze-Witteborg, Graphischer Betrieb in das Handelsregister eingetragen.“ Ende Dezember 1949 habe sie mehr als einhundert Beschäftigte. Die Firma sei sehr erfolgreich und beziehe bereits am 20. April 1954 das neu errichtete Betriebsgebäude am Hugenpoth in Wanne-Eickel. Am 26. Juli 1955 sei die Umwandlung der Firma in eine GmbH erfolgt. Im Frühjahr 1963 sei die Produktion von Serien und Glanzbildern sowie der dazugehörigen Alben eingestellt worden. „Die GmbH wird gleichwohl erst am 23. Mai 1967 gelöscht.“ (Joachim Wittkowski: Sammelbildalben aus dem Verlag von Wilhelm Schulze-Witteborg. Zu einem populären Lesemedium. In: Der Emscherbrücher. Bd. 19 (2023/24): UFOs, Märchen und ein Mythos, S. 37-95, hier S. 38f.)
Die Firma hatte bei Gründung als Unternehmenszweck mehrere Angaben wie z.B. Fabrikation graphischer Erzeugnisse und Stanzartikel, Mehrfarbendrucke u.a. angegeben. Dazu zählte auch ein in den 30ziger Jahren erschienenes Bilderbuch für Kinder mit dem Titel "Im Blumenreich" welches zumindestens in zwei verschiedenen Auflagen erschienen ist. Die Bilder in dem Buch sind der "Kunstschule am Waldhang, Hagen zuzuordnen welche im genannten Zeitraum wohl aktiv war.
In der Zeit zwischen 1948 und der Einstellung der Produktion wurden ca. 20 nachweisliche Sammelalben produziert welche über die Bilder- und Werbedienst GmbH in Krehfeld vertrieben wurden.
Hier eine Auflistung der mir bekannten Alben mit Angaben zu Jahreszahlen und Anzahl der Bilder (lt. Bewertungskatalog "Das Reklamesammelbild-Sammlerträume von Evamaria Ciolina/Erhard Ciolina, 2007, Battenberg Verlag") (Anmerkung: Es gibt keine genauen Angaben über die Anzahl der verlegten Alben bzw. deren erscheinen)
Meine echten WS-Glanzbilder - Ein Blanko-Album | 1950 | ohne Vorgabe |
Film Sterne Schatzkästlein - Ein Blanko-Album | 1950 | ohne Vorgabe |
Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm Band 1 | 1952 | 234 Bilder |
Indianer Abenteuer | 1952 | 160 Bilder |
Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm Band 2 | 1953 | 80 Bilder |
Augen auf im Straßenverkehr - Eine heitere besinnliche Geschichte | 1953 | 112 Bilder |
Piraten Album | 1953 | 256 Bilder |
Filmbilder - Album | 1953 | 160 Bilder |
Fauna und Flora - Mit der Kamera durch die Tier- und Pflanzenwelt | 1953 | 164 Bilder |
Aus unserer Heimat - Mit der Kamera durch unsere heimische Tier- und Pflanzenwelt | 1953 | 164 Bilder |
Vom Wikinger-Schiff zum Düsenjäger | 1953 | 160 Bilder |
Der weiße Sohn der Sioux (Heft) | 1954 | 64 Bilder |
Der Struwwelpeter | 1954 | 32 Bilder |
Fussball - Weltmeisterschaft 1954 | 1954 | 80 Bilder |
Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm Band 3 | 1955 | 240 Bilder |
Fliegende Untertassen - Ein Geheimnis geistert um die Welt | 1955 | 84 Bilder |
Sportbilder - Album | 1957 | 320 Bilder (Ein zweites Album war wohl vorgesehen, konnte bisher nicht nachgewiesen werden) |
Fussball - Weltmeisterschaft 1958 | 1958 | 96 Bilder |
König Fußball (1962/63) | 1963 | 92 Bilder |
Der rote Seeteufel | bisher keine Angaben | bisher keine Angaben |
Da mich persönlich ja hauptsächlich die Märchenalben interessieren hier einige weitere Informationen dazu. Wie bereits in der obigen Auflistung erwähnt, erschienen zwischen 1952-1955 drei Märchen-Sammelalben mit Märchen nach den Brüder Grimm. Der Text zu den Märchen wurde von Ruth Schulze-Witteborg (geb. Sambill) 17.05.1913 - 23.04.1967, angepasst". An den Graphiken hat Fritz (Friedrich Wilhelm) Illburger (geboren am 28.Oktober 1917 in Eickel, verstorben am 17. Oktober 1969 in Wanne-Eikel) einen recht großen und maßgeblichen Anteil, auch wenn er wohl nicht als der alleinige Urheber aller Märchen-Glanzbilder angenommen werden kann." (Joachim Wittkowski: Sammelbildalben aus dem Verlag von Wilhelm Schulze-Witteborg. Zu einem populären Lesemedium. In: Der Emscherbrücher. Bd. 19 (2023/24): UFOs, Märchen und ein Mythos, S. 37-95, hier S. 72f.)
In Bezug zu den Glanzdruckbildern hat Wilhelm Schulze-Witteborg bereits am 07.Februar 1950 ein Patent mit dem Titel "Beschäftigungsspiel für Kinder" beantragt. "Für diese bekannten Glanzdruckbilder schlägt die Erfindung ein neues Anwendungsgebiet vor. Ihr Wesen kennzeichnet sich dadurch, dass die Glanzdruckbilder zusammenhängend auf grosse Bögen hergestellt und die zum Aufkleben dienenden Bögen mit aufgedruckten oder eingepressten Unrisslinien versehen sind, die den Umrissen der Glanzbilder entsprechen." (Deutsches Patent- und Markenamt DE000SC001214MAZ). Parallel dazu gab es auch eine Französische Anmeldung zu diesem Patent zum 01.März 1950 in Paris.
„Die zehn Märchen des ersten Bandes sowie vier weitere aus dem dritten Band sind zudem als Einzeltitel in der Heftreihe ‚Märchenpost. WS-Glanzbilder-Geschichten‘ erschienen.“ (Joachim Wittkowski: Sammelbildalben aus dem Verlag von Wilhelm Schulze-Witteborg. Zu einem populären Lesemedium. In: Der Emscherbrücher. Bd. 19 (2023/24): UFOs, Märchen und ein Mythos, S. 37-95, hier S. 74)
Märchenpost WS - Glanzbilder-Geschichten (14 Hefte um 1958 erschienen)
10 Hefte analog zu Band 1 - Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm
1958 - 22 Bilder | 1958 - 22 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 22 Bilder | 1958 - 22 Bilder |
1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder |
4 Hefte analog zum Band 3 - Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm
1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder | 1958 - 24 Bilder |
Die Hefte hatten das Maß 210 x 295mm, 4 Pappseiten zum bekleben und eine Umschlagseite. In der Erst-Auflage wurde auf der hinteren Umschlagseite bereits das neue Märchen angekündigt und auf der inneren hinteren Seite war eine Auflistung der bereits erschienenen Märchen und der Hinweis "Weitere Märchen in Vorbereitung". Ebenfalls war auf der 4.Pappseite unten links das "Signet" des Verlages mit dem Text "Die Echten WS:Glanzbilder Geschichten". Bei späteren Auflagen wurde dann nur noch auf der letzten Umschlagseite die Auflistung der Märchen gedruckt bzw. viel auch dieser Druck dann irgendwann weg.
1958 hat Wilhelm Schulze-Witteborg die Idee einer auditiven Verwertung seiner Glanzbildergeschichten und beantragt am 10 April 1958 ein Patent zur Herstellung einer papiernen Schallplatte. In Folge werden 5 Bildschallplatten mit Weihnachtsgeschichten und Märchen produziert. Hier wurden bei den Märchenplatten die Cover der Märchenpost verwendet.
Folgende 4 Weihnachtsgeschichten und 16 Märchen wurden mit den bereits vorhandenen Texten aus den Sammelalben vertont.
Auch hier gab es parallel zum deutschen Patentantrag einen französischen Antrag vom 11 Juli 1958 in Paris. (FR00001048778A)
(Deutsches Patent- und Markenamt DE00001774310U)
Heft 1 | Die Weihnachtsgeschichte | Knecht Ruprecht (Storm) | Adventsglocken | Himmelsleiter |
Heft 2 | Dornröschen | Frau Holle | Hänsel und Gretel | Rotkäppchen und der böse Wolf |
Heft 3 | Schneewittchen | Die Bremer Stadtmusikanten | Hans im Glück | Rumpelstilzchen |
Heft 4 | Aschenputtel | Das tapfere Schneiderlein | Die Gänsemagd | Der gestiefelte Kater |
Heft 5 | Tischlein deck dich | Schneeweißchen und Rosenrot | Der Wolf und die sieben Geißlein | Der Froschkönig |
Die Firma Wilhelm Schulze-Witteborg produzierte natürlich nicht nur in eigenem Auftrag sondern übernahm auch Aufträge anderer Firmen wobei dann hier das vorhandene Material ebenfalls zum Einsatz kam. So zum Beispiel für die Firma Heinrich Hamker Lebensmittelwerke mit Sitz in Lintorf.
Für die Firma Hamker wurden drei Märchen-Alben mit entsprechendem Werbezudruck produziert (siehe Hamker Margarine Fabrik) dort könnt ihr Euch die Alben ansehen !
Das erste Album ist identisch mit der Verlagsausgabe "Deutsche Märchenwelt nach Brüder Grimm". Das zweite Album wurde nicht übernommen sondern mit einer ähnlich aufgemachten Alternativproduktion ersetzt. ("Blick in's Märchenparadies"). Der dritte Band der Verlagsausgaben wurde dann allerdings mit einem abweichenden Titel (Hamkers Märchenschatz" ) wieder übernommen. (Joachim Wittkowski: Sammelbildalben aus dem Verlag von Wilhelm Schulze-Witteborg. Zu einem populären Lesemedium. In: Der Emscherbrücher. Bd. 19 (2023/24): UFOs, Märchen und ein Mythos, S. 37-95, hier S. 83)